Nachdem auch im Reich Karls des Großen (768 bis 814)
ein zuverlässiger Briefverkehr nicht möglich war, entwickelten sich in den folgenden Jahrhunderten viele Botenanstalten, die einzelenen Institutionen zum Austausch von Nachrichten dienten. Besonders seit dem 12. Jahrhundert, als die Städte aufblühten und Handelsbeziehungen mit anderen Völkern angeknüpft wurden, nahm das Botenwesen einen starken Aufschwung. Lange Jahre hindurch waren damals die über das ganze Land verstreuten Klöster Mittelpunkte des geistigen Lebens. Als Klosterboten vermittelten Mönche und Laienbrüder zwischen den Klöstern und mit Rom einen regen Nachrichtenaustausch. Sie führten häufig Pergamentstreifen mit sich, die auf eine hölzerne Rolle aufgewickelt wurden. Auf diesen Streifen, Rotula genannt, vermerkten die Klosteräbte Nachrichten von allgemeiner Bedeutung.
Um die Verbindung zwischen den Universitäten, den Studenten und ihren Angehörigen aufrechtzuerhalten, wurden an den seit dem 12. Jahrhundert in vielen Ländern Europas gegründeten Universitäten besondere Universitätsboten beauftragt, Briefe, Geld und Kleider, ja sogar Personen mit Pferd und Wagen zu befördern. Zentrum und Vorbild dieses Botendienstes war die Universität in Paris, an der eine gut organisierte und nach Landsmannschaften gegliederte Botenanstalt bestand. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Botenanstalten der Universitäten von anderen Einrichtungen abgelöst.
Als im 13. Jahrhundert in Ost- und Westpreußen der Staat des Deutschen Ritterordens entstand, bediente er sich zunächst der Klosterboten zur Nachrichtenübermittlung. Die weitere Ausdehnung des Ordenslandes und das Hinzukommen vieler kleinerer Besitzungen im übrigen Europa machten die Einrichtung einer Ordenspost notwendig, die die Nachrichtenverbindungen zwischen dem Haupthause in Marienburg, den Komtureien und den zugehörigen Burgen und Städten unterhielten. Auf der Strecke Marienburg - Rom, auf der stets mehrere Boten unterwegs waren, benötigten die Boten im Sommer etwas mehr als zwei Monate. Den Botendienst übernahmen Edelknaben, sogenannte Briefjungen wahr. In den Ordenshäusern besorgten Ordensbeamte die Übergabe und Übernahme der Briefe, die einzeln in ein vom Briefjungen mitgeführtes Verzeichnis eingetragen wurden. Die Briefjungen waren beritten und brachten den Briefsack mit den Sendungen zum nächsten Ordenshaus, von wo sie mit einem anderen Briefsack wieder an ihren Ausgangspunkt zurückkehrten. Nach der Auflösung des Ordensstaates (1525) ging die Botenanstalt des Deutschen Ritterordens, die ausschließlich Zwecken des Ordens diente, ein.
Reisende Kaufleute, die zu Messen und Märkten unterwegs waren, vermittelten eigene Nachrichten und nahmen Briefe ihrer Geschäftsfreunde und anderer Auftraggeber mit. In größeren Handelssstädten und von bedeutenden Handelshäusern waren im allgemeinen besondere Kaufmannsboten angestellt, denen meist bestimmte Strecken zugeteilt wurden. Genauere Kenntnis der Verkehrswege, der Unterkünfte und persönliche Beziehungen zu den Briefempfängern verhalfen den Boten zu manchen Vorteilen. Oft erfuhren sie und ihre Auftraggeber dadurch Nachrichten von politischer Bedeutung schneller als die Landesherren.
Die Städte begannen im 13. Jahrhundert einen Botendienst mit Städteboten einzurichten. Während die Kanzlei- oder Amtsboten den Nachrichtenverkehr der Behörden und des Rats wahrnahmen, standen die privilegierten Stadt- oder Ordinariboten der Allgemeinheit zur Verfügung. Von den Städten wurden Botenordnungen erlassen, die Rechte und Pflichten der Boten, ihre Löhne und die allgemeinen Verkehrs- und Tarifbestimmungen festlegten. Die Boten, die einen Eid zu leisten hatten, unterstanden einem Botenmeister, der für die pünktliche Abwicklung des Dienstes zu sorgen hatte. Im Dienst trugen die Städteboten eine Kleidung in den Wappenfarben der Stadt und auf der linken Brustseite ein Botenabzeichen mit dem Stadtwappen. Als Waffe und Stütze beim Überwinden von Hindernissen diente ein Botenspieß mit eiserner Spitze. Unterwegs führten die Boten einen Paß mit, in dem jedermann ersucht wurde, dem Boten Schutz und Hilfe zu gewähren. Da die Botenkurse sich fast nur auf die Verbindungen zwischen den Städten beschränkten und die städtischen Botenanstalten keine zusammenhängenden, einheitlichen Beförderungsmöglichkeiten schaffen konnten, mußten sie nach und nach besseren Einrichtungen weichen.